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15. Oktober 2024 | Kilian Rüfer

Marktausblick für regenerative Hybridkraftwerke: Wo geht der Trend hin?

Regenerative Hybridkraftwerke gibt es in vielfältigen Ausprägungen. © AdobeStock

Wie erfolgreich der Ausbau erneuerbarer Energien ist, lässt sich daran erkennen, dass es nicht gelingt, das Stromnetz ausreichend schnell auf die neuen Bedürfnisse zuzuschneiden. Daraus erwachsen zeitfressende Hürden, wenn Netzanschlusspunkte fehlen. Zudem entstehen kostspielige Nebenwirkungen, wenn klimafreundlicher Strom vernichtet werden muss, da er nicht weitergeleitet werden kann.

Was wäre, wenn es bereits ein Mittel gäbe, das die Abhängigkeit der erneuerbaren Energien vom Netzausbau minimiert? Die Branche würde sich darauf stürzen. Genau das ist heute schon der Fall. Aber in welcher Form und wie schnell wird die Entwicklung künftig voranschreiten? Werden regenerative Hybridkraftwerke bald zur neuen Norm? Oder bleiben sie eine Zukunftsmusik, die nur in Pilotprojekten und Nischenmärkten erklingt?

Regenerative Hybridkraftwerke gibt es in vielfältigen Ausprägungen: An einem einzelnen Netzanschlusspunkt kombinieren sie unterschiedliche erneuerbare Energiequellen, können um Speichertechnologien ergänzt werden oder verbinden eine einzelne Energiequelle mit einem Speicher.[1] 

Das Gute daran: Sobald sich das erneuerbare Stromangebot an die Stromnachfrage anpassen lässt, hat sich der Einwand erledigt, dass die Wetterabhängigkeit der erneuerbaren Energien ein Problem sei. Dafür bestehen erhebliche Potenziale. Allein schon die Erzeugungsprofile von Windkraft- und Photovoltaik-Anlagen ergänzen sich hervorragend. In Kombination mit Batteriespeichern lässt sich der erneuerbare Strom bereits für mehrere Stunden zwischenspeichern, bei Bedarf in das Stromnetz einspeisen und dann zu guten Konditionen vermarkten.[2] Verteilnetze werden entlastet, wenn gekappte Erzeugungsspitzen für eine gleichmäßige Einspeisung sorgen. Mit einem Elektrolyseur lässt sich der Strom sogar saisonal in Form von Wasserstoff oder Methan speichern.[3] 


[1] https://group.vattenfall.com/de/newsroom/news/2019/08-august/paulina-asbeck-im-interview-ueber-hybridkraftwerke

[2] Dauer der Speichernutzung: Beispiel 2-4 h, Mittlere Speicherkapazität: Batteriespeicher 1 Stunde, Pumpspeicher 8 Stunden (Agora Energiewende S 38)

[3] https://www.elab2.kit.edu/power2gas.php 

Marktsituation regenerativer Hybridkraftwerke

Für eine Einschätzung der Marktsituation müssen die Unterschiede der technischen Varianten einbezogen werden. In Deutschland ist mit den sogenannten Innovationsausschreibungen im Jahr 2020 ein eigenständiges Segment für Hybridkraftwerke eingerichtet worden. Nach zwischenzeitlich mageren Durchläufen wird das Ausschreibungssegment wieder gut angenommen. Dominiert wird der Markt bislang von der Kombination aus Photovoltaik und Batteriespeichern. 

Viele Projektierer haben bereits erste Hybrid-Projekte im Portfolio oder legen neue Solarparks gleich so aus, dass sich Speicher gegebenenfalls leicht nachträglich installieren lassen. Der Energieversorger EnBW kündigte im vergangenen Herbst sogar an, künftig alle neu errichteten Solarparks mit Speichern auszustatten.[1] Kombinationen aus Windkraft und Photovoltaik sind noch seltener. Hierbei herausfordernd sind die unterschiedlichen Entwicklungszeiten, die sich um mehrere Jahre unterscheiden. Der Einsatz von Elektrolyseuren ist noch weitgehend auf Pilotprojekte beschränkt.

International betrachtet gibt es in Australien und Mali Projektbeispiele, bei denen Minen mit regenerativen Hybridkraftwerken autark versorgt werden. In Europa ist der in Spanien boomende Markt für Hybridkraftwerke spannend, da er sich unabhängig von Ausschreibungen positiv entwickelt hat.[2] 


[1] https://www.pv-magazine.de/2023/10/13/kombikraftwerke-enbw-baut-freiflaechenanlagen-standardmaessig-mit-speicher/ 

[2] pv-magazine.de "Gut kombiniert" (09/23) S.51

meteocontrol hat mit Hybrid EMS, eine Erweiterung für den blue'Log XC entwickelt, der Hybridkraftwerke steuern kann. @ meteocontrol

Umsetzung von Hybridprojekten

Hybridkraftwerke können entweder als Neubau oder als nachträgliche Erweiterung bestehender Anlagen aufgesetzt werden. Ebenfalls sinnvoll ist die Erweiterung um einen Speicher im Zuge eines Repowerings von Solarparks. Die bestehende Steuerungstechnik ist mithilfe eines kostenpflichtigen Updates bei vielen Anbietern in der Lage, um hybride Funktionen erweitert zu werden. Wer beispielsweise den Regler «blue'Log XC» von meteocontrol verbaut hat, kann das System nachträglich auf das «Hybrid EMS» erweitern.[1] Hybride Projekte genießen organisatorische Vorteile. So werden sie in Deutschland teilweise in der Flächennutzungsplanung oder im Genehmigungsverfahren des Netzbetreibers bevorzugt behandelt. Ebenfalls bestehen mancherorts Vorteile bei der Baugenehmigung. 

Bei der Projektierung von regenerativen Hybridkraftwerken wird zusätzliches Know-how zur Anlagenplanung und zum Vermarktungskonzept benötigt. Bei Hybridkraftwerken bestehen vielfältige Erlösmöglichkeiten[2]:

  • Wer in Deutschland an der Innovationsausschreibung teilgenommen hat, dem wird ein Mindestpreis pro Kilowattstunde staatlich garantiert. Bei hohen Börsenstrompreisen werden jedoch keine Mehrerlöse weitergegeben. 
  • Zusatzeinnahmen können mit einem Batteriespeicher im Hybridkraftwerkes durch Arbitrage-Geschäfte erzielt werden, wenn der gespeicherte Solarstrom am Day-Ahead und Intraday-Markt zu lukrativen Zeitpunkten verkauft und eingespeist wird.[3]
  • Außerhalb von Ausschreibungen gelten Hybridkraftwerke immer dann als lohnenswert, wenn das Verhältnis zwischen dem durchschnittlichen Vermarktungspreis und dem Börsenstrompreis geringer wird. Sinkende Preise für Strom aus erneuerbaren Energien werden auch im deutschen Markt erwartet.[4]
  • Hybridkraftwerke können Netzdienstleistungen vermarkten, wie Regelenergie zur Netzstabilisierung oder die Kappung von Lastspitzen (Englisch Peak Shaving).[5]
  • Kombikraftwerke an einem Netzanschlusspunkt können alternativ zur Innovationsausschreibung auch als eigenständige ökonomische Einheiten projektiert werden (“Co-Location”). Damit ist bei Teilnahme an einer Ausschreibung zwar die Marktprämie für den eingespeisten Solarstrom geringer, jedoch kann der Speicher an allen Strommärkten eingesetzt werden. Zudem dürfen die Speicher so auch mit Netzstrom geladen werden, wenn dieser besonders günstig erhältlich ist.
  • Der Strom aus Hybridkraftwerken kann gut über Stromlieferverträge (Power Purchase Agreements = PPA) vermarktet werden. Für die Stromabnehmer hierbei attraktiv ist die Gleichmäßigkeit der Stromlieferung.[6] 

In der Projektierung schwer modellierbar ist die Höhe der Vermarktungserlöse. Die Investitionskosten für Hybridprojekte sind höher als bei klassischen Solarparks. Laut dem Fraunhofer ISE in Freiburg liegen die Stromgestehungskosten bei Freiflächenanlagen mit Batteriespeichern zwischen 6,0 bis 10,8 Cent pro Kilowattstunde. Dabei schlägt der Batteriespeicher mit 400 bis 600 Euro pro Kilowattstunde zu Buche. Ohne Batteriespeicher liegen die Stromgestehungskosten für Solar- und Windparks laut den Freiburger Wissenschaftlern lediglich zwischen 4,1 und 9,2 Cent pro Kilowattstunde.[7]


[1] https://www.meteocontrol.com/scada-parkregelung/loesungen/hems 

[2] pv-magazine.de "Gut kombiniert" (09/23) S.51-52

[3] Erklärung Arbitrage https://www.next-kraftwerke.de/wissen/arbitrage#voraussetzungen-fr-arbitragegeschfte 

[4] pv-magazine.de "Gut kombiniert" (09/23)

[5] https://www.energiezukunft.eu/erneuerbare-energien/solarenergie/photovoltaik-hybridkraftwerke-im-trend 

[6] https://www.windindustrie-in-deutschland.de/fachartikel/gute-ergaenzung-hybridkraftwerke-stabilisieren-die-energieerzeugung

[7] Zwischen 4,1 und 9,2 Cent pro Kilowattstunde liegen aktuell die Kosten für neue Photovoltaik-Freiflächenanlagen und Windparks an Land. 

Die Stromgestehungskosten für kleine Photovoltaik-Speicher-Anlagen liegen demnach zwischen 9,1 und 22,5 Cent pro Kilowattstunde. Die große Bandbreite ergibt sich aus den Unterschieden für die Photovoltaik-Kosten, die Batteriekosten und die Einstrahlungswerte. Bei den Batteriekosten nehmen die Forscher Werte zwischen 500 und 1200 Euro pro Kilowattstunde Speicherkapazität an. Für größere Photovoltaik-Dachanlagen mit Batteriespeicher liegen die Stromgestehungskosten dem Fraunhofer ISE zufolge zwischen 7,3 und 16,0 Cent pro Kilowattstunde, wenn sich die Batteriekosten zwischen 450 und 800 Euro pro Kilowattstunde bewegen. Bei der Kombination von Freiflächenanlagen und Batteriespeichern ermittelten die Forscher Stromgestehungskosten von 6,0 bis 10,8 Cent pro Kilowattstunde, mit Batteriekosten zwischen 400 und 600 Euro pro Kilowattstunde. Artikel Studie 
 

Rechtsrahmen für Hybridkraftwerke in Deutschland

Aufgrund der Dauer einer Projektierung von mehreren Jahren ist es normal, dass perspektivische Änderungen der Rahmenbedingungen stets mitgedacht werden müssen.

Unter den aktuellen EEG-Rahmenbedingungen in Deutschland werden zweimal jährlich Innovationsausschreibungen durchgeführt. Die Bedingungen eignen sich, gemessen an der Anzahl eingereichter Projekte, gut für Photovoltaik-Speicher-Hybridkraftwerke. Die Ausschreibungsrunde im Mai 2024 war nahezu voll gezeichnet worden.[1] Bei der im Herbst 2023 waren sogar doppelt so viele Kapazitäten bei der Ausschreibung eingereicht wie ausgeschrieben. Dieser Erfolg kam erst zustande, nachdem im März 2023 die Bundesnetzagentur die Höchstwerte für die Innovationsausschreibungen um 25 Prozent auf 9,18 Cent pro Kilowattstunde erhöht hatte.[2] Davor gab es zwei schwache Ausschreibungsrunden, nachdem die Marktprämie umgestellt worden war und die Projekte nicht mehr von hohen Börsenstrompreisen profitieren durften.

Ersichtlich daran wird die – im gesamten Energiemarkt vorhandene – hohe Abhängigkeit von politischen Entwicklungen und daraus resultierenden Rahmenbedingungen deutlich. Beim 2024 vereinbarten Solarpaket I sind die Rahmenbedingungen für Hybridprojekte nicht verändert worden. Nach Einschätzungen des Bundesverbandes Erneuerbare Energien habe die Bundesregierung mit ihrem Haushaltsentwurf 2025 erkannt, dass Flexibilität die neue Leitwährung des Energiemarktes sei. Verbessert werden könnte der Rechtsrahmen mit dem angedachten Solarpaket II. 

Der Boom von regenerativen Hybridkraftwerken in Spanien zeigt, dass es sich nicht um einen überschätzten Hype handelt, da sich der iberische Trend unabhängig von der Förderstruktur entwickeln konnte. Die Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen wirkt sich auf das Tempo der Marktentwicklung aus.


[1] https://www.pv-magazine.de/2024/07/03/innovationsausschreibungen-zuschlaege-fuer-43-photovoltaik-speicher-kraftwerke/ 

[2] Begründungsschreiben der Bundesnetzagentur 

Eine Testanlage von meteocontrols Hybrid EMS-Erweiterung befindet sich in der Nähe von Augsburg. @ meteocontrol

Ein Ausweg aus dem Mangel an Netzanschlusspunkten

Auf einen „freien“ Netzanschlusspunkt müssen Projektierer oftmals monatelang lang warten. Um die Anlagen an das Stromnetz anzuschließen, müssen zudem immer weitere Distanzen zurückgelegt werden. Der Mangel an Netzanschlusspunkten führt manchmal dazu, dass Projekte aufgegeben werden müssen.

Einen Ausweg aus diesem Dilemma bieten regenerative Hybridkraftwerke, die sich einen Netzanschlusspunkt teilen. Dabei wird mehr Leistung angeschlossen, als der Netzanschluss aufnehmen kann (Überbauung). Möglich ist dies, da sich die Erzeugungsprofile von Windkraftanlagen und Solarparks gut ergänzen. Der Rest der Einspeisung lässt sich über Speicher, Elektrolyseure, KWK-Anlagen oder Power-to-X steuern. Wie Netzanschlüsse so effizient genutzt werden können, was dafür rechtlich angepasst werden müsste und wie stark diese Netzanschlüsse beschleunigt, hat das Fraunhofer Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik (IEE) im Auftrag des Bundesverbandes Erneuerbare Energie (BEE) berechnet.

Ein Boom ist möglich 

Regenerative Hybridkraftwerke können sich zu einem Boom entwickeln. Dafür spricht, dass in vielen Ländern der Netzausbau ein Engpass ist. Somit ist die Mehrfachnutzung von Netzanschlusspunkten eine effektive, preiswerte und damit sehr naheliegende Lösung. Nicht ausschließlich fragile Förderanreize, sondern auch ein wahrscheinlich eintretender Marktmechanismus treiben den Ausbau regenerativer Hybridkraftwerke voran. Denn überall dort, wo der Ausbau erneuerbarer Energien erfolgreich ist, tritt früher oder später ein Kannibalisierungseffekt ein, bei dem hohe Ausbauzahlen höhere Vermarktungserlöse für erneuerbaren Strom auffressen. Es ist noch unklar, wie sich die Produktion von Wasserstoff in Hybridkraftwerken entwickelt. Bei Batteriespeichern zeigt sich ein klarer Aufwärtstrend: In nur zwei Jahren hat sich die Leistung aller in Deutschland installierten Batteriespeicher mehr als verdoppelt. In diesem Jahr übertreffen sie zum ersten Mal die Gesamtleistung der Pumpspeicherkraftwerke.[1]


[1] https://www.energy-charts.info/charts/installed_power/chart.htm?l=de&c=DE

Kilian Rüfer

Der Autor Kilian Rüfer ist Energieblogger und schreibt über die Energiewende, Sustainable Finance und Klimakommunikation.