Hitzealarm: Was muss bei Photovoltaik-Projekten beachtet werden?
Den heißesten Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen verzeichnete Europa 2021. Da Hitzeperioden immer häufiger werden, stellt sich die Frage, ob Photovoltaik-Anlagen diesen Temperaturen gewachsen sind. Hohe Temperaturen wirken sich auf unterschiedliche Komponenten der Photovoltaik-Systeme aus: Wechselrichter können ausfallen, der Wirkungsgrad der Photovoltaik-Module sinkt, bestehende Zellschäden verstärken und der Reinigungsbedarf erhöht sich.
Wie sich Investoren, Planer und Betriebsführer auf Hitzeperioden einstellen können, erfahren Sie in diesem Artikel. Zudem erhalten Sie Anhaltspunkte, anhand derer Sie die Relevanz von Hitzeschäden bezüglich des Betriebs von Photovoltaik-Anlagen einsortieren können.
Dafür finden Sie in diesem Artikel Erfahrungswerte eines technischen Beraters der meteocontrol GmbH, Andreas Kern, sowie eine Auswertung aus dem Datenpool des meteocontrol Monitoringsystems, an welches weltweit über 55.000 Photovoltaik-Anlagen angeschlossen sind.
Wie häufig fallen Wechselrichter aufgrund von Hitze aus?
Wenn ein Wechselrichter zu heiß wird, dann schaltet er sich in der Regel selbst ab oder reduziert seine Leistung soweit, dass ihm die erhöhte Umgebungstemperatur nicht schadet, was als Temperatur-Derating bezeichnet wird.
Das Beispiel aus dem Datenpool setzt einen Schritt davor an. Es betrachtet eine spezifische Warnmeldung bestimmter Strangwechselrichter. Diese melden die Überhitzung eines Wechselrichters bereits vor einer Leistungsreduktion. Ausgewertet wurden 23.000 Wechselrichter in ganz Deutschland, die diesen Fehler übermitteln können, die an circa 1.300 Photovoltaik-Anlagen installiert sind.
In der Tabelle zu sehen ist die mittlere Wechselrichteranzahl pro Tag (von 23.000 Geräten), die vor einer Überhitzung des Wechselrichters gewarnt haben.
Mit steigender Durchschnittstemperatur steigen offenbar die Überhitzungswarnungen. Ob ein statistisch signifikanter Zusammenhang besteht, ist nicht geprüft worden. Im Juni 2022 lag die tägliche Anzahl der Überhitzungswarnungen bei 0,038 Prozent der angeschlossenen Wechselrichter. Der Anteil an tatsächlichen Ausfällen ist kleiner. Gründe für die Überhitzung können
- ein Defekt der Lüftung,
- ein schlecht belüfteter Aufstellungsort
- und eine hohe Umgebungstemperatur sein.
Die Anzahl möglicher Ursachen senkt den wetterbedingten Anteil noch einmal.
Die Auswertung des Datenpools bestätigt den Erfahrungswert, dass Wechselrichter in der Regel Hitzeperioden standhalten können – sofern der Aufstellungsort geeignet ist. Ein weiterer Beleg für die Hitzebeständigkeit von Wechselrichtern ist, dass Photovoltaik-Anlagen in Südeuropa und selbst in Wüstenregionen erfolgreich betrieben werden. Überhitzungsmeldungen sollten dennoch ernst genommen werden, damit keine Erträge ausfallen und sich nicht die Lebensdauer der Geräte verkürzt.
Sinkt der Modulwirkungsgrad bei Hitze gravierend?
Ein Temperaturanstieg um drei Grad Celsius senkt den Wirkungsgrad von Solarmodulen um durchschnittlich ein Prozent. Dadurch ist der Wirkungsgrad der Module im Sommer mehrere Prozent geringer als im Winter, allerdings ist die Sonneneinstrahlung im Sommer um ein Vielfaches höher. Entsprechend werden die Verluste aus geringeren Wirkungsgraden durch die Mehrerträge mehr als aufgewogen. Auf der Ertragsseite sind sonnenreiche Hitzeperioden positiv.
Was kann in der Planung gemacht werden?
Bei der Planung von Photovoltaik-Projekten muss ein geeigneter Aufstellungsort für den Wechselrichter gefunden werden. Bei kleineren Photovoltaik-Anlagen im Privatbereich kommt es häufiger zu unbedachten Installationsorten, beispielsweise führt eine unverschattete Anbringung an einer Südwand oder auf einem Batteriespeicher zwangsläufig zu Überhitzungen. Aber auch im Bereich gewerblicher Photovoltaik-Anlagen kommt es zu Planungsfehlern, wenn Wechselrichter unverschattet auf Dachflächen oder am Rande einer Modulreihe angebracht werden, und so zumindestens zeitweise direkter Sonneneinstrahlung ausgesetzt sind.
Für eine kühle Aufstellung des Wechselrichters müssen eine Verschattung sichergestellt und die Anforderungen des Herstellers sowie die entsprechenden Normen umgesetzt werden. Hierzu zählen auch Abstände von Wänden und zwischen mehreren Geräten. Ob die Wechselrichter nach guter fachlicher Praxis angebracht worden sind, sollte bei einem Photovoltaik-Investment bei der Sichtung der Planungsunterlagen und spätestens im Zuge der Abnahme durch Photovoltaik-Gutachter überprüft werden.
Sichergestellt werden kann und muss in der Planung ebenfalls eine ausreichende Hinterlüftung der Solarmodule. Auf Freiflächen und bei aufgeständerten Dachanlagen ist die Modulhinterlüftung sehr gut. Bei Dachflächen hingegen ist die Hinterlüftung in der Regel schwieriger.
Bei der Modulauswahl können staubabweisende Beschichtungen berücksichtigt werden, sofern entsprechende Module verfügbar sind. Theoretisch wäre bei der Modulauswahl auch eine Berücksichtigung des Temperaturkoeffizienten denkbar. Angegeben wird dieser in den jeweilligen Moduldatenblättern. In der Praxis sind die Abweichungen der Temperaturkoeffizienten gering, da nahezu nur noch kristalline Photovoltaik-Module verbaut werden. Früher, als die Verbreitung von anderen Zelltypen wie Cadmiumtellurid signifikant war, gab es bei der Modulauswahl größere Gestaltungsspielräume. Bei den aktuellen Materiallieferengpässen ist eine Feinjustierung von Modulparametern ohnehin kaum umsetzbar, da praktisch genommen werden muss, was verfügbar ist.
Was kann im Betrieb gemacht werden?
Sollte ein Wechselrichter hitzebedingt ausfallen, muss zunächst die Lüftung vor Ort überprüft werden. Sollte zum Beispiel bei einer Inspektion festgestellt werden, dass ein Wechselrichter unverschattet ist, muss im Nachhinein eine Verschattung angebracht werden.
Schwieriger erkennbar sind Leistungsverluste durch Temperatur-Derating, wenn der Wechselrichter seine Leistung aufgrund von Hitze reduziert. Unspezifisch bemerkbar machen können sich Minderleistungen im Monitoring, wenn das Ertragssoll unterschritten wird. Eindeutig diagnostizieren lässt sich ein Temperatur-Derating durch eine Analyse von Leistungskennlinien.
Bestehende Zellschäden in Solarmodulen verschärfen sich bei hohen Temperaturen schneller. Entsprechend steigt mit den Temperaturen die Relevanz vorbeugender Maßnahmen, die beispielsweise Verschattungen durch den Flächenbewuchs oder Modulverunreinigungen frühzeitig verhindern können. Feststellbar sind punktuelle Verschattungen beziehungsweise Hotspots oder Microcracks durch Thermografieaufnahmen.
Hitzeperioden gehen mit Trockenheit einher. Dadurch entsteht an manchen Standorten mehr Staub, der sich auf den Modulen ablagern kann. Zudem sinkt mit dem Ausbleiben des Regens die Selbstreinigung der Module. So könnte sich der Reinigungsbedarf in Deutschland so entwickeln, wie er heutzutage in Spanien ist. Dort gehen etwa zwei bis drei Prozent der Energie durch Verschmutzungen verloren, weshalb die Module ein- bis zweimal jährlich gereinigt werden. Noch reicht in Deutschland für die Modulreinigung der natürliche Regen in den meisten Fällen aus, da nur etwa ein Prozent der Energie verloren geht.
Fazit
Mit einer sorgfältigen Anlagenplanung, sachgerechter Installation und professioneller Wartung ist auch bei zunehmenden Hitzewellen ein zuverlässiger Betrieb von Photovoltaikanlagen möglich. Die Inspektion sollte hitzerelevante Fehlerquellen in ihre Überwachung einbeziehen. Falls es dennoch zu hitzebedingten Ausfällen kommt, muss die Ursache rasch festgestellt und behoben werden, um Mindererträge und technische Schäden zu verhindern.
Kilian Rüfer
Der Autor Kilian Rüfer ist Energieblogger und schreibt über die Energiewende, Sustainable Finance und Klimakommunikation.